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Schuld – ein Teil unseres Lebens

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Von Birgit Arndt und Stephan Krebs

Vergebung – ein Teil unseres Glaubens

Ich bin auf dem Weg zu einer Freundin – bin spät dran und eile mich. Dabei stoße ich gegen die Einkaufstüte einer entgegenkommenden Fußgängerin. Ich rufe ein schnelles „Tschuldigung“ über die Schulter und gehe weiter – überzeugt mich höflich genug verhalten zu haben. Zum kompletten Wort ENTSCHULDIGUNG reicht es nicht. Das benutze ich, als ich endlich zu meiner Freundin komme: „Entschuldigung, ich bin zu spät.“ Ich bedaure das wirklich. Jetzt schwingt ein kleines bisschen von der Schwere des Wortes ENTSCHULDIGUNG mit, in dessen Kern das Wort SCHULD steht. Dennoch mache ich es mir leicht, ich entschuldige mich – ich entschuldige mich selbst. Es reicht nicht zu dem kompletten Satz, den das Wort ENTSCHULDIGUNG eigentlich braucht: „Ich bitte um Entschuldigung.“ Denn entschuldigen kann man sich nicht selbst. Das kann nur die Person tun, die ich geschädigt habe. Den kompletten Satz bringe ich erst später über die Lippen, als ich eine wertvolle Kristallvase vom Tisch stoße. Sie zerbricht und das tut mir ernsthaft leid: „Ich bitte um Entschuldigung.“ Zum Glück ist Die Vase kein unersetzliches Erbstück der Familie seit Generationen. Dann wäre der Verlust unersetzlich und meine Schuld untilgbar. Meine Freundin hat die Vase erst vor kurzem in der Nähe gekauft. Ich bestehe darauf sie zu ersetzen und damit meine Schuld wiedergutzumachen. Unterwegs kaufen wir noch eine günstige Jeans und leckere Putenschnitzel ein. Wir wissen, dass eine Jeans für 30 Euro höchstwahrscheinlich in einem fernen Land unter unwürdigen und manchmal sogar lebensgefährlichen Bedingungen hergestellt worden ist. Wir wissen auch, dass die meisten Puten so überfüttert werden, dass sie kaum laufen können. Aber wir sprechen nicht darüber. Wie so viele. Und so bleibt diese weltweite Schuld stillschweigend bestehen. Die Welt ist ungerecht. Spätestens hier geht es nicht mehr um kleine Sünden, die man besser lassen sollte, sondern um komplexe Schuldzusammenhänge. Sich ihnen zu entziehen ist schwer und zum Teil sogar unmöglich.

Die Bibel ist da ganz nüchtern und realistisch: „Kein Mensch auf der Erde ist so rechtschaffen, dass er immer richtig handelt und nie einen Fehler macht“ (Prediger Salomos 7,20). So ist Schuld auf vielfache Weise ein fester Teil des Lebens. Bei näherem Hinsehen hat sie verschiedene Bedeutungsebenen. Da ist zum einen die juristische Ebene. Wenn man geltende Gesetze übertritt, wird man vom Gericht schuldig gesprochen. In einer zweiten Ebene geht es um zwischenmenschliche Schuld, wir bleiben einander etwas schuldig. Oder wir sind schuld daran, dass andere einen Schaden erleiden.

In einer dritten Ebene werden wir Teil von Schuldzusammenhängen, selbst wenn wir das eigentlich gar nicht wollen. Wir profitieren von der Not der Näherinnen in Bangladesch und der Tiere in den Mastbetrieben. Wir sind Teil des gegenseitigen Verdrängungswettbewerbs, der in der Natur täglich stattfindet. Und selbst die edelsten Versuche anders zu leben, helfen daraus nicht gänzlich heraus.

In alledem steckt noch eine vierte Ebene der Schuld. Wir bleiben Gott etwas schuldig. Wir leben nicht das aus, was Gott uns mitgegeben hat. So gehen wir an dem Leben vorbei, dass sich Gott uns wünscht. Wir antworten nicht immer auf die Liebe, die er zu uns hegt. Und wir geben sie auch nicht in dem Maße an andere weiter, wie wir das könnten. Die Bibel dokumentiert vielfältig, wie Gott um die Menschen ringt: Sein ewiges Hin und Her zwischen Liebe und Zorn. Und auf der anderen Seite das andauernde Hin und Her der Menschen zwischen dem Schauen auf Gott und dem Drang, eigene Wege zu gehen, die nur leider allzu häufig in die falsche Richtung führen.

Schuld gefährdet das Leben auf vielfache Weise. Ich möchte sie am liebsten loswerden. Doch das geht nicht. Sie bleibt bestehen, aber sie kann vergeben werden. Selbst kann ich das für mich nicht tun, das kann nur der Geschädigte. Aber ich kann dafür die Voraussetzung schaffen, indem ich meine Schuld offenlege, sie bereue und dann etwas verändere. Dafür stehen im Christentum die Worte Reue und Buße. Woher kann ich die Kraft dafür nehmen? Aus der Liebe Gottes. Ich kann sie nie ganz verlieren, deshalb kann ich offen und ehrlich meine Schuld eingestehen. Und dann? Was geschieht mit dem Geschädigten? Auch er braucht Gottes Liebe. Sie kann den Schmerz des Schadens und die Lust auf Rache übersteigen. Sie macht Verzeihen möglich.

Gott macht es selbst vor: Er ist ein barmherziger „Gläubiger“, der vergibt. “Wenn wir unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit“ (1. Johannes, 1,9). Und so sollen wir es auch untereinander tun: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ – so betete Jesus im Vater Unser zu Gott und so beten Christen weltweit bis heute.

 

 

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