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    Bibel und Reformation

    Foto: © Dieter Schütz / pixelio.de (www.pixelio.de)

    Worms im April 1521: Vielleicht der kritischste Moment der Reformationsgeschichte, aber ganz gewiss im Leben Martin Luthers (1483-1546). Es war der Tag, als er vor Kaiser und Reichstag stand und gefragt wurde, ob er seine öffentlich geäußerte Kritik an der Ablasspraxis, an der Kirche seiner Zeit und am Papst widerrufen wolle oder nicht. Luther bekräftigte seine Kritik und begründete dies so:

    „… wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde; denn weder dem Papst noch den Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, dass sie öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben, so bin ich durch die Stellen der Heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und gefangen in dem Worte Gottes. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen!“

    Damit berief Luther sich auf drei wesentliche Instanzen: auf sein individuelles Gewissen, auf klare Vernunftgründe und auf die Zeugnisse der Schrift, also die Bibel. Die Bibel als Ursprungsdokument des christlichen Glaubens hatte für Luther einen höheren Stellenwert als sonstige kirchliche Lehren – und seien es auch päpstliche Bullen oder Dogmen.

    Damit man die Bibel vernehmen und verstehen kann, muss man sie aber verfügbar haben und lesen können. Das war um 1500 noch kaum der Fall. Denn es  gab nur einige wenige Bibelübersetzungen in deutscher Sprache, und diese waren meist in minderer Qualität. Daher entschied Luther, nachdem er den Reichstag zu Worms fluchtartig verlassen hatte, die Bibel komplett neu ins Deutsche zu übersetzen. In die gut verständliche „sächsische Kanzleisprache“ seiner Zeit. Gelegenheit und Muße zum Übersetzen hatte Luther in der nächsten Zeit genug, denn sein Landesherr, Friedrich der Weise, ließ ihn zu seinem Schutz scheinbar entführen und brachte ihn inkognito auf der Wartburg unter. Dort übersetzte der Reformator das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche. Dieses „Septembertestament“ wurde ein großer Renner auf der Frankfurter Buchmesse im Folgejahr 1522. Etwa zehn Jahre später übersetzte er dann, zusammen mit einem großen Team von Gelehrten, das Alte Testament aus dem Hebräischen ins Deutsche. Und 1534 erschien erstmals das Gesamtwerk in gedruckter Form.

    Nur wer das Ursprungsdokument des christlichen Glaubens kennt, weiß, worum es im Christsein wirklich geht – davon war Luther fest überzeugt. Aber für ihn war die Bibel kein Gesetzbuch, dessen Anleitungen man 1:1 umsetzen konnte oder musste. Und sie war auch kein „papierener Papst“, beanspruchte also keine Unfehlbarkeit für sich. Sie war vielmehr ein Kunstwerk aus vielen einzelnen Büchern, geschrieben  von irrtumsfähigen Menschen. Daher gewichtete Luther die Bücher der Bibel auch unterschiedlich stark. Die Paulusbriefe bedeuteten ihm mehr als etwa der Brief des Jakobus. Sein Kriterium dafür war, ob eine Schrift „Christum treibet“, also die Botschaft von der bedingungslosen Liebe Gottes zu uns  Menschen in den Vordergrund stellt oder nicht. Gottes Liebe zählt. Und die Bibel zählt, weil und sofern sie von dieser Liebe erzählt – so kann man das Verhältnis von Bibel und Reformation auf eine kurze Formel bringen. 

    Dr. Eberhard Martin Pausch

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